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Community Entrepreneurship

Brauchen wir einen „freien Markt“ wo Produkte scheinbar transparent gehandelt werden? Was passiert, wenn die unternehmerische Handlung bei den Verbrauchern beginnt und sie sich eine fähige Person zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse suchen? Solidarische Landwirtschaften sowie einige Genossenschaften und Wohnprojekte machen es bereits vor und weil es so erfolgreich ist, entstehen immer mehr solcher Initiativen. Wie geht sowas?


Vom Machtkampf ….

Normalerweise beginnt heutzutage jedes Unternehmen mit einem großen Berg an Schulden und mind. 50% des Anfangsbudgets geht in Marketing. Mit etwas Glück und besonders durch billige Preise gelingt es etwa 20% der Startups, das eingesetzte Kapital zurück zu bekommen. Alle anderen gehen früher oder später pleite.

Innovation hängt damit nur zum Teil davon ab, was Mensch und Umwelt wirklich brauchen. Zum Großteil wird der Bedarf davon gelenkt, wo Kapital ist, Profit gemacht werden kann und ein „Markt“ existiert.

Wir machen das anders. Das lässt sich am besten am Business-Model-Canvas zeigen.

Die Teilung zwischen Unternehmer und Konsument ist bezeichnend für konventionelles Wirtschaften: Der Canvas ist das typische Instrument für Startups um auf einen Blick alle gründungsrelevanten Fragen zu zeigen. Auf der linken Seite sind dazu alle Qualitäten des Unternehmers, auf der rechten Seite die Qualitäten der Kunden, bzw. Marketingqualitäten und in der Mitte das zentrale Werteversprechen „Hier wirst du Glücklich“…

… zur Verbundenheit

Beim Community-Entrepreneurship sind die linke und rechte Seite des Business-Model-Canvas miteinander verbunden. Links die Unternehmer*innen mit ihren Netzwerken sind auch teil der Gemeinschaft der rechten Seite. Folglich braucht es kaum Marketing, nur etwas Budget, um die eigene Community gut zu informieren. Die Gemeinschaft hat Einblick in alle Bereiche, wo auch immer Interesse besteht. Und der Unternehmer braucht keine teuren Marktrecherchen, sondern fragt einfach seine Gemeinschaft, was denen gefällt, bzw. die Gemeinschaft bringt sich selber ein, wenn sie nicht zufrieden ist. Dazu braucht es in jedem CSX-Projekt, wie diese Initiativen in Anlehnung an CSA (Community Supportet Agriculture) genannt werden, eine starke Herz-Gruppe, also ein Team, dass die Emotionen und Zufriednheit in der Gemeinschaft sehr sensibel wahrnimmt. Der Kunde ist plötzlich nicht nur ein König, der belogen wird, sondern ein ernst genommener Partner für den/die Unternehmer*in.

Mit Gemeinschaftsgetragen.de hat sich nun ein erstes Netzwerk für CSX gegründet und unter Communitysupported.org werden viele Geschichten des gelingens porträtiert.

Karte von morgen zu #CSX

CSA (Community Supported Agriculture) ist das englische Wort für SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft). In dem Sinn geht es bei CSX um alles mögliche, dass nach dem solidargedanken der SoLaWi organisiert ist.

Große Karte öffnen

Gemeinwohl statt Profitgier

Die Utopie vom freien Markt mit unsichtbarer Hand ist inzwischen widerlegt und spätestens seid Großkonzerne aus China in Deutschland erfolgreiche Unternehmen weg kaufen, ist auch in konservativ-liberalen Kreisen die Einsicht gekommen, dass man Wirtschaft nicht allein der Profitgier überlassen kann. Aber was dann?

Im Community-Entrepreneurship entsteht der Preis durch menschliche Begegnung. In der Frage „Was brauchst du, damit auch deine Kinder dafür noch arbeiten würden?“ lässt sich ein fairer Preis ermitteln. Und in der Praxis wird dass dann meist nach dem Motto: „Jeder zahlt – und wer nicht kann, zahlt was er kann“ unter der Bedarfsgemeinschaft verteilt.

Der Vergleich zur Konkurrenz spielt nur noch in so fern eine konstruktive Rolle, als dass sich daran Innovationen ableiten und verbreiten lassen. Daher ist hierbei eine Open-Source-Mentalität, wo jeder in agilen Prozessen sein wissen schnell veröffentlicht und co-creativ weiterentwickelt wird, essentieller Bestandteil.

Verantwortung beim Kunden

Entscheidend ist, dass der Verbrauchergemeinschaft die Art der Produktion nicht mehr egal ist, sondern dass sie Transparenz und Mitbestimmung einfordern, und im Gegenzug auch die Verantwortung übernehmen.

Bei Wikipedia machen die Kunden alles selber. Die Karte von morgen räumt absichtlich Unternehmen keine ausschließlichen Bearbeitungsrecht ein, sondern die Karte gehört der Comunity und jeder Einzelne entscheidet mit, wer wie auf der Karte dargestellt wird. Die Gemeinschaft tritt in die Verantwortung und wird Mitunternehmer*in.

Bedarfsgemeinschaft sichert Liquidität

Oftmals übernimmt die Gemeinschaft auch direkt die Investitionskosten (Crowdfunding) oder wie bei der Solidarischen Landwirtschaft, wo zum Jahresbeginn alle Investitionen gezahlt werden, sodass der Bauer unabhängig von Banken agieren kann. Wenn die Ernte kaputt ist, trägt die Gemeinschaft das Risiko. Beim Teikei-Kaffee-Projekt finanzieren die Kunden sogar zwei Jahre im Vorraus über Bürgschaften den Bauern und das Segelschiff zum Transport über den Antlantik.

Die Bank wird dabei zu einem Netzwerk mit Evaluierungsfunktion und verliert ihre privilegierte Machtstellung als „Black-Box der Geldvermehrung“. Die Triodos Bank mit der entstehenden Kooperation zu unserer Karte von morgen und die GLS-Bank mit ihrer Crowdfunding-Plattform gehen bereits in die richtige Richtung: Vollständige Transparenz herstellen, wo das Geld wirkt und die eigenen Kund*innen (Sparer*innen) mit den Kreditnehmer*innen (Unternehmen) zu vernetzen. Wie unsere Regionalpilot*innen der Karte von morgen, die Nachhaltigkeit in ihrer Gegend kartieren, analysieren auch Bankberater nicht nur die Fähigkeiten des Unternehmers, sondern schauen sich auch das Umfeld an, wo investiert werden soll. Die Bank ist damit im Idealfall ein transparentes Gütesiegel für die Werte ihrer Kund*innen, dass den Impact prüft:

  1. Zum einen im Sinne des Gemeinwohls (GWÖ), also ob unsere Werten und planetarischen Grenzen eingehalten werden,
  2. und zum anderen im Sinne der Effizienz, also ob das Unternehmen innovativ und fähig ist, die Bedürfnisse zu erfüllen, ohne Ressourcen zu verschwenden.

Unternehmen als Plattformen für Potentialentfaltung

Bisher haben wir uns Gemeinschaftsunternehmertum von der Volkswirtschaft-, also der Markt-Seite angeschaut. Was verändert sich jedoch in Unternehmen und an der Unternehmenskultur? Eine ganze Menge, und das Buch Reinventing Organizations von Frederik Laloux, beschreibt das nicht nur ganz gut, sondern hat auch in der Unternehmenswelt eingeschlagen wie eine Bombe.

Wenn der Preis nicht mehr durch die Marktmacht des Unternehmens entsteht und wenn Wissen und Erfahrungen open source über Unternehmensgrenzen hinweg fließen, statt in Konzernsilos zu ersticken, dann machen auch starren Hierarchien keinen Sinn mehr. Mitarbeiter würden sich mit ihren Ideen einfach selbstständig machen. „Go with the flow“ ist daher das Ziel, um agil und feinfühlig auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft und auf entstehende Zukunftsimpulse eingehen zu können.

Ein paar Beispiele, wie sich moderne Unternehmen selbst führen, haben wir hier zusammengetragen.

Mitarbeiter können sich nicht mehr an Unternehmensvorschriften und Anweisungen von oben halten sondern stattdessen den Ort finden, wo ihre Fähigkeiten und Vorlieben mit einem Bedarf resonieren. Frederik Laloux spricht davon, den höheren Sinn der eigenen Organisation zu finden. Seine Berufung zu suchen, ist daher in Zukunft wichtiger denn je:

Assoziativgemeinschaften

Die Zivilgesellschaft – die Community – ist der schlafende Riese des Wandels.

  1. Bis 1919 war es in Europa Nationalismus und der Kaiser, der das Sagen hatte, bis sich die Menschen der Monarchie entledigten und die erste Demokratie versuchten. „Die Internationale…“ war damals ein bekanntes Lied.
  2. Zu Zeiten des „Wirtschaftswunders“ war es das Primat der Wirtschaft mit Wachstumszwang und Profitstreben aber auch mit gewerkschaftlichem Druck und dem Systemstreit Kapitalismus vs. Kommunismus, von dem wir uns aktuell versuchen, zu befreien.
  3. Was derzeit entsteht ist weder Wirtschaft, Kirche, Gewerkschaft noch Staat sondern zivile, fluide Strukturen. „Bewegungen“ ist das neue Modewort. Das ist zum Einen möglich geworden, durch den sinnvollen Einsatz von Kommunikations- und Vernetzungstools, zum Anderen aber auch durch ein fortschreitendes soziales Bewusstsein, über ideologische Grenzen hinweg.

Die Gemeinschaft ist bestenfalls nicht nur auf Unternehmen beschränkt sondern bezieht mehrere Lebensbereiche (Essen, Wohnen, Kleidung, Mobilität etc.) mit ein. In der Gemeinschaft geht es in erster Linie um gegenseitiges Vertrauen. Einzelne aus der Gemeinschaft kümmern sich dann um in AGs um bestimmte Produkte.

Transition Genossenschaft

Sichtbar wird diese zivile Strukturieren derzeit nicht nur bei dem Netzwerkcharakter von Ideen³ e.V. mit seinen unzähligen Co-Creativen Projekten wie Ideenwerkstatt von morgen, Karte von morgen etc. sondern besonders in dem Bestreben des Wandelbündnisses und durch Ökoligenta. Hier formiert sich eine Zivilgesellschaft, die mit ganz neuer Energie, gesundem Menschenverstand und der Suche nach dem gemeinsamen höheren Sinn, gemeinwohlorientiert wirken will.

Assoziativgemeinschaften bestehen also aus den Mitgliedern von Solidarischen Landwirtschaften, Mitgliederbioläden, Transition-Town-Initiativen, Stadtgärten, Wohnprojekten, freien Schulen, etc. Es ist also eine Meta-Gemeinschaft, die sich ca. einmal Jährlich auf „Foren von morgen“ trifft. In dem Genossenschaftsformat wie in München zahlen die Mitglieder sogar einen monatlichen Betrag von knapp 10 €, durch dass die zivile Gemeinschaft professionell handlungsfähig wird, ohne aber zu einem Verband oder Vertreter mit Eigeninteressen zu werden.

Bei Community-Entrepreneurship steht eine Gemeinschaft im Mittelpunkt, von der aus die meisten unternehmerischen Impulse getragen werden.

Die Kunst hierbei besteht darin, all diese Menschen, die ähnliche Werte teilen, zusammen zu bringen, beispielsweise durch Oasen-Spiele und in dem lokale Karten von morgen erstellt und gedruckt werden.

Zivilgesellschaft als Akteur

In einer transparenten Wirtschaft wird es keine Profite geben und abgesehen von ein paar Risikorücklagen in den Unternehmen, werden alle „Gewinne“ der Gemeinschaft übertragen. Es macht daher evtl. Sinn, auch Steuern erst ganz am Ende zu erheben, also nur als Mehrwertsteuer im Laden, um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen so reibungslos zu machen, wie innerhalb eines Unternehmens.

Die Gemeinschaft kann mit dem „Gewinn“ investieren (d.h. Oasenspiele spielen), Bildungsgutscheine ausbezahlen oder ein Grundeinkommen. Besonders letzteres ist ein entscheidender Schritt, um die Berufungs-Suche und den innovativen Mitarbeiterwechsel zwischen Organisationen zu erleichtern, sodass jeder seinen perfekten Wirkraum findet.

Einige Beispiele

Einige Beispiele sind oben auf der Karte zu sehen.

Solidarische Landwirtschaft

Hier übernimmt die Verbrauchergemeinschaft die wirtschaftliche Verantwortung für den Hof und befreit den Landwirt damit von den unberechenbaren Zwänge der Natur. 15 deutsche Landwirte täglich verlieren ihren Hof an Banken und Großkonzerne, weil ein Regen oder Frost die Ernte zerstört, ein Traktor kaputt geht oder andere unkalkulierbare Risiken eintreten. Die Folge ist das aussterben der kleinbäuerlichen, nachhaltigen Landwirtschaft.

Wenn aber die Gemeinschaft nicht mehr nur das Kilo Kurken kauft, sondern den Hof an sich als erhaltenswertes Kulturgut empfindet, und den Bauern fragt: „Was brauchst du zum leben?“ entsteht eine nachhaltige Verbundenheit.

Selbstverwaltete Wohnprojekte

Hier umgehen Bewohner den überteuerten Wohnungsmarkt, in dem sie sich als Verein oder Genossenschaft das Haus Kaufen und an sich selbst vermieten. Sie sind damit Mieter und Vermieter in einem und dadurch an langfristigem guten, günstigen Wohnen interessiert.

Methoden zum Gemeinschafts-Unternehmertum

Zum Gründen und Führen solcher Unternehmen braucht es natürlich ganz andere Methoden. Statt Marketing und Hierarchien sind Moderationstechniken, partizipative Entscheidungswege und viel Austausch das wichtigste.

Wie beginnt ein solcher Prozess? Wie finde ich die „Comunity“ und wie können wir sie mobilisieren, die eigene Verantwortung zu übernehmen?

Oasen-Spiele

Ideen³ e.V. hat dazu die Methode der Oasen-Spiele von Brasilien nach Deutschland gebracht. Anhand von 7 Schritten wird fast wie in einem Geländespiel die größten Ressourcen, Fähigkeiten sowie Träume und Bedürfnisse der Gemeinschaft heraus gearbeitet und zwar in einem Prozess, der die Gemeinschaft vom Kind bis zum Greis alle mit ein bezieht und aktiviert.

Mit dieser Methode kann eine ganze Nachbarschaft und ein ganzer Stadtteil involviert und aktiviert werden, die angefangen in ihrem eigenen sichtbaren Bereich (Spielplätze, Wandbemahlung etc.) dann eigene unternehmerische Aktivitäten beginnen.

Tage der Ideen

Wenn bereits Kontakte und Strukturen bestehen eignet sich auch ein Tag der Ideen, den Ideen³ e.V. entwickelt hat, um Unternehmen mit gesellschaftlichen Akteuren und Verbrauchern zu verbinden.

Dazu werden beispielsweise alle Initiativen und Unternehmen aus der Gegend mit Sinn fürs Gemeinwohl in eine Schule eingeladen, wo Schüler, Studierende und Eltern ebenfalls dabei sind. Mit 200 bis 1000 Menschen beginnen dann Kunstaktionen, World-Cafes und ein „Open Space

Karte und Foren von morgen

Um die eigene Community auf Dauer sichtbar zu machen, eignet sich das Kartieren mit der Karte von morgen. Durch deren Wiki-System können alle Gemeinschaftsmitglieder Unternehmen und Initiativen kartieren, die dann zu den „Foren von morgen“ und den Aktivitäten eingeladen werden.

Selbstführung

In dieser Art des kooperativen Wirtschaftens fällt der freie Markt weg, der bis dahin regelte, welcher Unternehmerin etwas „taugte“ und wer besser was anderes macht. Hier gibt es das nicht und daher sind Innovative Entscheidungsprozesse wichtig, damit Ideen und Innovation gelebt werden könne, obgleich die Mehrheit meistens neuen Ideen kritisch gegenüber steht. (Sonst wären ja alle Menschen Unternehmer)

Selbstführung muss in jeder Gruppe neu definiert, reflektiert und gelernt werden.

http://bildung.vonmorgen.org/selbstorganisation/

Systemisches Konsensieren

Basisdemokratie ist sehr langwierig und macht nur in den Bereichen Sinn, wo Zeit keine Rolle spielt. Also dort wo es um Grundbesitz und generelle Vereinbarungen des Zusammenlebens gibt. Unternehmerische Entscheidungen sollten möglichst denen überlassen werden, die die Verantwortung für einen Bereich übernommen haben.

Oftmals ist systemisches Konsensieren ein guter Weg, um brauchbare Kompromisse zu finden

Soziale Dreigliederung

Wie wird dauerhaft in Projekten ein friedliches Zusammenleben möglich. Die Reflexion darüber, in welchen Bereichen wir frei, gleich oder solidarisch sein müssen, ist dazu entscheidend.

Rückmeldungen und Workshopanfragen

Wie man ein Siegel für Community-Entrepreneurship entwickeln könnte, z.B. mit dem Titel „fair&assoziativ“ haben wir hier dargestellt.

Erstellt von Helmut@bildungsagenten.com (Sozialunternehmer und Organisationsentwickler)

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