Geschichten erzählen in Baumhäusern

Als Rückkehrende von (internationalen) Freiwilligendiensten, habt ihr wertvolle persönliche Erfahrungen gesammelt, die ihr schildern und mit Fotos bereichern könnt. Das trifft bei fast allen jungen Menschen auf großes Interesse. Die Frage, wie du Geschichten lebendig und Erlebnisse plastisch darstellst ist ausschlaggebend, dass Kinder die innere Heldenreise eines Freiwilligendienstes nachvollziehen können.

In Zeiten der Globalisierung hat es sich die Ideenwerkstatt zum Ziel gesetzt, Verständnis für ande Kulturen und ein Bewusstsein für globale Themen wie Menschenrechte, Fairtrade und weltweite Gerechtigkeit zu schaffen und interkulturelle Kompetenz zu fördern. Neben den inhaltliche Workshops, empfiehlt es sich, ganz persönlichen Erfahrungen darzustellen. Meist sind diese Freiwilligenberichte am beeindruckensten für Schüler und junge Workshopteilnehmer, weil sie an Hand deiner Geschichte ein Stück interkulturalität nachempfinden können.

Persönliche Erfahrungen gekonnt erzählen

Es ist erstaunlich einfach von seinen Erfahrungen aus dem Freiwilligendienst zu erzählen und es wird meist richtig ruhig, wenn du damit beginnst und umso lebendiger, wenn es Raum für Fragen gibt.

Von der Idee zum Vortrag

Folgende Fragen können dir helfen, ein erstes Bild für deinen Vortrag zu entwickeln. Nimm dir Zeit, um in Ruhe Stichworte und Notizen dazu zu sammeln, die die Grundlage für deine spätere Präsentation bilden werden.

Wozu halte ich diesen Vortrag?

  • Welchen Sinn sehe ich darin/was ist meine Überzeugung?
  • Was möchte ich bewirken?
  • Was soll hinterher anders sein als vorher?

Mein Zuhörer*innen vor dem geistigen Auge

  • Wie alt sind sie?
  • Wie sprechen sie/welche Ausdrücke verwenden sie?
  • Wie stehen sie zu dem Thema, das ich ansprechen werde? Ist es ihnen bekannt?
  • Mit welcher Haltung kommen sie hierher?
  • Welches Vorwissen haben sie zu dem Thema?
  • Warum sitzen sie hier/was ist ihre Grundstimmung?

Schlüpfe in die Rolle deiner Zuhörer*innen sieh dich selbst vorne:

  • Was müsste der Redner tun, um mich als Zuhörer*in ins Boot zu holen?
  • Was interessiert mich an dem Thema?
  • Was wäre das Beste, was passieren könnte während dieses Vortrags?
  • Wie will ich gesehen und wahrgenommen werden?

Wie die eigene Geschichte finden?

  • Dein größter Erfolg/ deine größte Niederlage
  • Deine Begegnungen mit Menschen/eine Situation
  • Peinliche/schöne Momente
  • Oder einfach die Frage: Was ist das letzte, was du zum ersten Mal gemacht hast?

Verständlichkeit

  • Einfache Wortwahl
  • Keine Abkürzungen/Fremdwörter erläutern
  • Kurze Sätze (Mut zum Hauptsatz J)
  • Veranschaulichen (schreiben, malen, anzeigen)

Lebendig machen

  • Direkte Fragen (an alle/einzelne Personen)
  • Den Raum nutzen (herumgehen, räumliche Beispiele geben…)
  • Vergleiche/Metaphern
  • Bilder benutzen (rechte Gehirnhälfte ansprechen: Bilder, Relationen, Farben, Gefühle, Sinne allgemein -> weniger beschreibend, nicht zu verkopft)

Authentizität

  • Humor
  • Stärken hervorheben (Feedback einholen, bei allen Gelegenheiten üben!)
  • Nicht reden, um Lücken zu füllen: lieber Mut zur Pause
  • (Auf angemessene Weise und thematisch passende) Gefühle zeigen und dazu stehen: vermittelt Stärke und Vertrauen in einen selbst

Deine innere Entwicklung

Die Sensationsfalle

Geschichten werden natürlich spannend, wenn man außergewöhnliches Berichtet. Fremde Länder, fremde Menschen, komische Gewohnheiten… Da könnte man sehr viel Lustiges erzählen. Doch die Gefahr dabei ist, tiefer und tiefer in Stereotype ab zu rutschen und das absurde, das vielleicht in Ausnahmen mal zutrifft zu generalisieren. Dann wird nicht mehr von Wellington und seinen Tanzgewohnheiten gesprochen sondern von „den Brasilianern“… Das passiert in den Medien bereits genug.

Es gibt auch einen inneren Zugang, einen persönlichen Weg, mit deinem Bericht deine Zuhörerinnen in den Bann zu ziehen, und der geht über dich, deine Gefühle und deine innere Heldenreise. Dieser Weg erfordert von dir jedoch Mut, Vertrauen in deine Zuhörerinnen und Offenheit zu deinen früheren Fehlern. Wenn dir das gelingt, wird es für dich und dein Publikum viel spannender. Denn dann kannst du dich in Entwicklung zeigen denn Herausforderungen und erfolgreiche als auch gescheiterte Held*innen machen das Leben spannend. Und du kannst ganz nebenbei auf alle Verallgemeinerungen verzichten.

Innere Heldenreise

Was du erzählst, hängt natürlich nur davon ab, was du erlebt hast, darüber findest du hier nichts. Wir können dir hier nur kleine Tipps geben, wie du versuchen kannst, so lebendig wie möglich und achtungsvoll wie möglich euer Gastland und eure Freunde dort darzustellen.

Versuch den Fokus beim erzählen auf deine innere Entwicklung zu legen, anstatt auf äußere Tatsachen. Versucht herauszufinden, wie es dir vor deinem Auslandsjahr ging, welche Fragen und Ängste du hattest (dein inneres, unklares Rauschen) und was dich so besessen gemacht hat, dass du unbedingt los wolltest. Wie bist du aufgebrochen? Wie hast du die ersten unerwarteten Entdeckungen gemacht?

Die Heldenreise ist ein interkulturelles Konzept des Erzählens und besteht aus 12 Schritten (Schwellen). Egal welches Land, welches Thema, welcher Film spätestens seit den Grimm-Märchen und Hollywood ist das Konzept im Einsatz. Man verlebt Heldenreisen an einem Wochenende und andere gehen über das ganze Leben. Diese Heldenreise deine Freiwilligendienstes beginnt noch in einer Schulzeit und endet erst nach deiner Rückkehr in Deutschland. D.h. du kannst deine Erzählung mit den Worten „Als ich in eurem Alter war…“ beginnen.
(der Einfachheit halber wird nur die männliche Form gebraucht, Geschlecht ist natürlich relativ egal)

Prolog: Einblick in das Leben, gemütlich, vertraut und sicher (Zuhause, Schule etc. Aber auch langweilig?)

Die Heldenreise: Das Leben ist ein auf und ab und mit etwas Glück endet es oben. Wer aber das Konzept der Heldenreise kennt, sieht dahinter eine Struktur, die einen Entwicklungsprozess erst spannend macht.
  1. Der Ruf: Der Held tritt in Erscheinung und nimmt etwas wahr, interessiert sich für etwas Individuelles. (Deine Schulzeit erfüllt dich nicht mehr, deine Stadt ist zu klein, deine Familie nervt, die Ferne und das Leben ruft?… Was hat dich dazu bewogen, den FWD zu machen?)
  2. Weigerung: Irgendwas hält dich zurück. Mach das wirklich Sinn? Was ist mit Karriere, Ausbildung, Geld verdienen? Und wolltest du nicht sowieso was technisches machen? Ist das nicht zu weit weg und zu lange? Eltern und Freunde beschweren sich schon…
  3. Aufbruch: Du bewirbst dich bzw. entscheidest dich für eine Einrichtung. Du fährst aufs Vorbereitungsseminar oder steigst sogar schon in den Flieger… Dein erster Schritt in die Freiheit, aber auch Einsamkeit. Dein Erster kleiner Erfolg aber auch große Verunsicherung. Lieber abbrechen?
  4. Mentor: Jemand gibt dir eine Orientierung. Es kann ein Mensch sein aber auch ein Buch, ein Film oder ein Bericht. Er ermutigt dich, auch wenn du noch nicht alles verstehst. (Berichte anderer Ehemalige, Teamer auf Vorbereitungsseminar, Nachrichten etc.)
  5. Test: So einfach ist es nicht. Du wirst vielleicht mehrmals scheitern. Dein Spenderkreis wird nicht voller, die Sprache ist einfach zu kompliziert, in deiner Einrichtung wirst du nicht ernst genommen. Die Kinder reden nur von deinem Vorgänger… Aber du versuchst es immer wieder.
  6. König für ein Tag: Allein durch ausprobieren und nicht aufgeben hast du es geschafft. Der erste Tag, an dem du ohne Betreuerin deine Kindergruppe leitest, die erste Musikstunde ohne Zwischenfälle, das erste Gespräch ohne Sprachdebakel…
  7. Ernüchterung: Aus Selbstüberschätzung, durch Neid der anderen und wegen Intrigen und Fehler in der Vergangenheit scheiterst du erneut. Du wirst Workaholic, stresst dich, brichst zusammen und plötzlich bricht dein Wertekanon bzw. Weltbild zusammen. Dein Blogartikel macht dich Angreifbar, Dinge, die du dachtest deine Erfolge zu sein, richten sich gegen dich.
  8. Verwandlung: Du ziehst dich zurück. Überlegst ab zu brechen, denkst sehr viel darüber nach, hasst dich selbst…
  9. Dolchstoß: Du bist zu einer neuen Erkenntnis gekommen. Vielleicht war dein voriges Verständnis von Demokratie, Gerechtigkeit, Erziehung etc. doch nicht ganz richtig in diesem Kontext? Du hast dich umgestellt, an innerer Stärke gewonnen und nun eine bewusste Strategie, die Herausforderung zu meistern.
  10. Rückkehr: Du bist deinem Ziel wieder näher gekommen, hast Wege und Netzwerke gefunden und nun ein Gefühl für die Sache, für die Menschen, für das Thema.
  11. Tod und Auferstehung: Wenn du soweit gekommen bist, gibt es kein Zurück mehr. Hier beginnt die letzte Auseinandersetzung beispielsweise am Ende deines Freiwilligendienstes. Du hast plötzlich deine Menschen so lieb gewonnen, hast dich so gut eingefunden, aber du musst gleich wieder abreisen. Verlängert du den Dienst, bleibst du ganz dort? Nach deiner Rückkehr hast du alles verloren, auch deine Freunde zuhause.
  12. Herr zweier Welten: Für dich mag es nun gar kein großer Erfolg mehr sein, aber für andere bist du nun Vorbild und Orientierungspunkt. Du stehst jetzt vor neuen Herausforderungen, bist wieder der „Einsame Reiter“ der alleine weiter reitet. Aber du hast eine vielfältigere Perspektive, kannst dich in andere rein versetzen und durchschaust die Welt.

Bis zur 6. Stufe ging es im Wesentlichen um deine Fähigkeiten, darum sich zurecht zu finden und Strukturen und Mitstreiter in der äußeren Welt zu finden. Nachdem du das geschafft hast, kommst du plötzlich an Probleme, die auf deinen Charakter, dein Inneres und auf deine Werte zurück zu führen sind. Ein Kampf gegen dich selbst.

Deine Diashow und dein roter Faden:

Mit oder ohne Powerpoint?

Oft ist der Vortrag spannender, wenn du keine Bilder zeigst, die von deiner inneren Heldenreise ablenken und die Welt nur von außen zeigen. Durch deine Geschichte öffnest du eine Welt der Freiwilligendienste, in die sich die Schüler gut reinversetzen können. Lass Bilder also auch einfach ganz weg, wenn du dabei ein gutes Gefühl hast.

Eine sehr schöne Möglichkeit mit dem Erzählen zu beginnen ist es, wenn du zunächst die TN einlädst, dir Fragen zu stellen. Daran erkennst du besondere Interessen, kannst aber womöglich gleich Vorstellungen aufgreifen, welche die Schüler jetzt von einem FWD haben.

Eine kleine Powerpoint kann aber auch helfen, besonders am Anfang. Du stellst  dir eine kleine Powerpoint-Prästentation mit ein paar markanten Bildern deines Jahres zusammen. Das kann auch gut dein Grundgerüst sein und bildet den roten Faden deines Vortrages. Da reichen 10 Bilder locker aus. Nicht jede Kleinigkeit braucht ein Bild, schreibe dir lieber auf einen Zettel alle Stichpunkte, zu denen du was sagen willst. Die Zuhörer haben ja auch Phantasie, in denen deine Erzählungen zu Filmen werden. Auch muss nicht alles in superlativen sein, nimm dir lieber die Zeit und beschreibe ausführlich eine alltägliche, allgemeinse Situation. Achte dabei auf die Gefühle die du in dem Moment hattest und die du bei deinen Mitmenschen beobachten konntest. So etwas lässt die Zuhörer eintauchen.

Oft fällt es aber einem schwer, sich dabei zu begrenzen. Du brauchst dir keine Sorge machen, dass dir die Worte ausgehen. Falls spezielle Fragen zu Bereichen, Reisen oder Orten kommen, wo du in deinem Jahr warst, eigent es sich, noch eine zweite Präsentation mit “Reservebildern” zu erstellen, sodass du bei nachfragen nicht lange in deinen 10 GB großen Bilderordnern suchen musst sondern einfach die Reservepräsentation zeigen kannst.

Leitfragen zur Vorbereitung:

  • Warum hast du weltwärts gemacht, warum gerade dort?
  • In welchem Kontext arbeitet deine NGO?
  • Wie bin ich angekommen in einer so fernen Region, wie wurde ich aufgenommen?
  • Was habe ich erlebt, getan, geholfen und gelernt?
  • Welche Menschen haben mich in der Zeit am meisten geprägt?
  • Was bedeutet interkultureller Austausch für dich?
  • Was hast du auf deinen Reisen erlebt und in wie fern war das Gefühl beim Reisen anders als bei der Arbeit?
  • Hast du irgendwas mitgenommen und hier in Deutschland bereits beobachtet?

Nur eigene Erfahrungen oder lieber wissenschaftlichen Input?

Du kannst auch gut etwas generelles zum Land und der Politik sagen auch wenn du kein Fachmann bist, doch grundsätzlich sind deine persönlichen Erfahrungen viel interessanter und viel bunter, also reiß dir kein Bein aus, mit ein paar Zahlen und wenn im Publikum jemand mehr weiß, ist das um so besser. Zu beachten ist auch, dass es keine “Warhheit” gibt. Es gibt nicht “den Afrikaner” etc. Jeder ist unterschiedlich und vielfältig und du brauchst nur einen davon vorstellen, am besten den, mit dem du täglich zu tun hattest. Deine Zuhörer werden ja noch andere Erzählungen hören (in ihrem Leben) und können sich dann selber ein Bild machen, von den “anderen” Menschen.

Stereotypen

Der letzte Tipp ist, immer zu versuchen, von deinem Gastland so zu erzählen, als hörten die Menschen, über die du gerade erzählt, selber zu. Das ist am Wirkungsvollsten um keine Stereotypen zu entwickeln. Denk an das Problem der single Story, dass das was du erlebt hast, nur eine Sichtweise ist und nicht die ganze Wahrheit darstellen kann.

Auch legen viele Wert darauf, Rassismen zu vermeiden. Diese nutzt man teils ungewollt. Um das zu vermeiden, versucht statt “die Afrikaner” zu nutzen, besser immer eure Freunde beim Namen zu nennen. Siehe dazu den Bildungskoffer “Chritical Whiteness – Wo beginnt Rassismus” und folgendes Dokument.

Von der Idee zum Vortrag

Beispielhafte Unterlagen eines Freiwilligenberichts:

Wir hoffen diese Website inspiriert dich und wünschen dir viel Spaß, Erfolg.

Passende Bildungskoffer zu Weltwärts:

Wenn du über deine Erfahrungen aus deinem Freiwilligendienst erzählst, eignen sich ein paar Bildungskoffer ganz besonders. Diese sind:

Falls TN sich für Freiwilligendienst interessieren eignet sich die Seite http://www.rausvonzuhaus.de/ , sowie auf Entsendeorganisationen (am besten die eigene) aufmerksam zu machen.

Passende Methoden

  • Gemeinsam Träumen führt besonders bei großen Gruppen, die sonst nur Frontal zuhören müssen, zu eingem coolen Gruppengefühl.

Quellen und weiterführende Links:

Filme zu Freiwilligendiensten

Hier weitere Videos hinzufügen

Referenten

Dieser Text Entstand aus der Erfahrung vieler Workshops und den Ideen vieler Referenten um Ideen³ e.V. insbesondere Kathinka Marcks. Verfasst und zusammengestellt von Helmut Wolman. Gerne bieten wir Kurse zur “Kunst des Geschichten erzählens” auf Ihren Seminaren für Freiwillige (Rückkehrerseminar, Engagementkollegs etc.) oder für sonstige Gruppen an. Sie erreichen uns hierfür unter Helmut@bildungsagenten.com bzw. Tel: 01573-4448245.

Viel Spaß und Erfolg
eure Bildungsagenten