Schnitzen ist eine sehr beliebte Tätigkeit für Kinder und Jugendliche, sei es in der Schule oder im erlebnispädagogischen Kontext. Der Umgang mit dem normalen Schnitzmesser ist dabei ein Herausforderung an die Geschicklichkeit und das Selbstvertrauen. Hier zeigen wir, wie ein Hohlschnitzmesser selber geschnitzt und die Klinge gebogen werden kann, denn zu kaufen gibt es das praktische Messer nicht.

Diese Anleitung geht auf Erfahrungen des Waldorflehrers Hr. Tampe von der Waldorfschule Heidenheim zurück, wo er die Messer jahrelang mit der 5. Klasse geschnitzt hat. Nach ersten einfacheren Schnitzübungen war dieses Messer das erste größere Projekt, dessen Nutzen natürlich allen Schülern gleich klar war und dementsprechend auch motivierend verfolgt wurde. Das Messer wurde gebraucht, um später bei Handschnitzarbeiten von Miniaturtieren bis zum Schwirrholz mehr Präzision aber auch weniger Verletzungen zu ermöglichen.

Handgriff schnitzen

Oval aufzeichnen, um die Fläche zu schützen, wo die klinge eingeschlagen wird, und dann drauf los schnitzen.
  1. Zunächst braucht es ein Lindenholzstück von etwa 2,5 cm x 4 cm und einer Länge von 15cm. Die Länge ist aber zunächst gar nicht so relevant, denn der Messergriff wird erst später, wenn die Klinge eingeschlagen ist, auf die richtige Länge gesägt. Hauptsache man kann das Holz gut halten.
  2. Auf die Kopfseite des Griffes wird die Fläche aufgemalt, wo später die Klinge eingeschlagen wird, sodass der Schüler eine Orientierung hat, um den Griff zentriert darauf hin zu schnitzen. Die Fläche ist ein Oval von etwa 2 cm x 1 cm.
  3. Nun kann der Schüler auf das Oval zu schnitzen in einem leichten Außenbogen. Verschnitzt er sich, kann das Oval kurzerhand abgesägt werden und dort, wo die Fläche noch groß genug ist, ein neues aufgezeichnet werden.
  4. Erst nach dem Einschlagen der Klinge und dem Härten der Messerspitze (siehe unten) wird der Griff hinten bei etwa 6 cm abgesägt (je nachdem wie Breit die Hand des Schnitzenden ist) und rund geschnitzt. Die klinge wird dabei mit einem Gartenschlauch geschützt.
  5. Zu guter Letzt das Messerende rund schnitzen, das Holz schön schmirgeln und ölen.

Herzstellung der Klinge

Material – Federstahl C75

Die Klinge besteht aus einem ungehärtetem Federstahlband (C75 oder CK75) von 1mm Dicke und 17mm Breite. Das Band bekommt man als Rolle im Stahlhandel für etwa 10 €/m allerdings nur in großen Mengen von etwa 40 m. Die Kling ist 7,5 cm lang (wovon nur ca. 5,5 cm aus dem Stil raus schauen.) Daraus lassen sich demnach locker 500 Messerklingen machen, was wohl die wenigsten Lehrer in ihrer Karriere schaffen.

Die Waldorfschule Emmendingen hat notgedrungen gleich ein ganzes Band gekauft und verkauft den Stahl gerne Meterweise an andere Schulen und Pädagogen weiter. Bitte schreiben Sie die gewünschte Menge an Teresa.Heilmann ÄT waldorfschule-emmendingen.de .

Biegen der Klingen

Kleines Schnappschuss-Video: Herr Tampe erklärt Frau Heilmann, wie man die Messerklingen biegt.
Stahlvorrichtung zum Biegen der Klinge.
  1. Etwa 7,5 cm vom Federstahlband mit einer Blechschere abschneiden.
  2. Zum Biegen braucht es eine kleine Stahlvorrichtung:
    • Ein 90° Winkel mit einem Radius von 5,5mm und einem Falz von 10×0,8mm als Anschlag für den Klingenrohling. Am einfachsten erzeugt man den Falz durch anlöten (Hartlot, Punktschweißen oder auch ankleben) eines 0,5-0,8mm dicken Bleches (z.B. Autokarosserieblech).
    • Ein Stahlklotz als Schlagstück, etwas länger als eine Klinge, auf das man mit einem schweren Schonhammer schlägt. (Der Hammer ist auch für die Nutzung bei Spalteisen super)
  3. Die gerade Metallklinge wird genau auf den unteren Anschlag des Biegewinkels aufgesetzt, im Schraubstock festgespannt und mit dem Schonhammer unter ein paar kräftigen Schlägen auf das Schlagstück kalt um den Radius gebogen.
  4. Um die noch relativ weiche Klinge in das Griffholz einschlagen zu können, ohne dass sie sich dabei verbiegt, muss sie noch etwas härter werden. Dazu die Klinge mit einem Gasbrenner auf Rotglut erhitzen, dann auf eine kalte Fläche (Metall, Stein) schieben und an der Luft abkühlen lassen. Durch diese Methode wir der Stahl ausreichend hart zum Einschlagen. Auf keinen Fall jetzt schon mit Wasser abschrecken, sonst wird es zu hart und die Klinge bricht beim Einschlagen. (Dadurch dass später nur die Spitze gehärtet wird, hat man einen guten Übergang von Harter spitze und elastischem Schaft, was das Messer robuster beim Arbeiten macht.

Klinge einschlagen

  1. Wenn die Form zur Spitze hin grundsätzlich fertig geschnitzt ist, wird die Klinge möglichst senkrecht etwa 2 cm tief eingeschlagen. Dazu den noch langen Griff einfach in ein Schraubstock spannen.
    Die Klinge zum Einschlagen auf keinen Fall anspitzen, weil dann der ganze Griff sich leicht spalten könnte.

Messerspitze härten

  1. Zunächst muss die Spitze gehärtet werden, damit sie scharf geschliffen werden kann, aber auch lange scharf bleibt. Der Messerschaft darf aber nicht gehärtet sein, da sonst das Messer schneller abbrechen kann. Dazu brauchen wir
    • Einen starken Gasbrenner / Lötlampe
    • und eine kleine Schale mit Wasser
  2. Die Klinge nun in die Flamme halten, bis ca. ein Zentimeter der Klingenspitze kirschrot glüht.
  3. Dann stecken wir die Klinge noch rot glühend ins Wasser, dass es zischt (rühren). Durch die plötzliche Abkühlung findet im Stahl eine Gefügeumwandlung statt und der Stahl wird dadurch glashart. (Als Probe: Wenn alles gut lief, darf sich der Stahl im gehärteten Bereich nicht mehr feilen lassen sondern die Feile rutscht ab.) Auf ein nachträgliches Anlassen (nochmaliges mildes erwärmen um die Glashärte und damit hohe Bruchgefahr zu umgehen) kann aus Erfahrung verzichtet werden.

Messerklinge schleifen

Zum Schluss muss die Messerklinge auf ihre eigene Form geschliffen werden.

  1. Zuerst wird die Spiegelseite (die Hohle Seite, innen) auf der Filzscheibe mit Polierpaste poliert.
  2. Dann wird stumpf die Kontur der Schneide geschliffen.
  3. Erst jetzt wird die Phase mit einem Keilwinkel von maximal 20° von der gebogen Außenseite angeschliffen bis ein Grat entsteht. (Besonders vorsichtig muss man an der Ecke schleifen, weil dort sonst schnell eine Delle entsteht.)
  4. Ganz zum Schluss wird der beim Schleifen entstandene Grat auf der Phasenseite mit der Filzscheibe weg poliert. Polieren auf der Spiegelseite ist eigentlich nicht notwendig. Wenn dann nur ganz vorsichtig sonst könnte die Super-Schärfe verloren gehen. Falls der Grat hartnäckig stehen bleibt und sich nicht weg polieren lässt, ist das ein Zeichen für ungenügende Härtung.

Jetzt und beim späteren nachschleifen der Messer muss verhindert werden, dass die Klingenspitze zu heiß wird oder gar blau glüht, sonst verliert die Spitze ihre Härte.

Schleifen der Messerspitze.

Schnitzen

Das Messer ist nun fertig und kann zum Schnitzen genutzt werden. Wie genau, zeigt das letzte Video:

Herzlichen Dank an Herrn Tampe für das Teilen der Erfahrungen!